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Die beste Projektmethodik

Guardiola hat für das perfekte Fussballspiel eine eigene Philosophie erfunden, Zidane arbeitet nach herkömmlichen Methoden. Wer ist nun der bessere Trainer?

26/3/2021

Guardiola teilt das Fussballfeld in 20 Zonen ein. Das Spielfeld hat fünf vertikale und sechs horizontale Linien. Nie dürfen mehr als zwei Spieler in einer vertikalen Linie stehen, nie mehr als drei Spieler in einer Horizontalen. Das Ziel ist, dem ballführenden Spieler stets zwei Anspielstationen zur Verfügung zu stellen. Wer den Raum kontrolliert, kontrolliert den Ball und kontrolliert das Spiel. Über die klassischen Spielformationen wie das 4-4-2 oder das 4-3-3 pflegt er zu sagen:

«das sind für mich nur Telefonnummern».

Für Guardiola ist das Fussballspiel komplexer. Er spezifiziert möglichst viele Abläufe aus der realen Welt, um seine Leute bestens auf alle Situationen vorzubereiten. Wer sich seiner Philosophie nicht verschreibt, der muss sich einen anderen Verein suchen, egal wie er heisst. Ibrahimovic, Ronaldinho oder Etoo, alles begnadete Fussballspieler, mussten einen anderen Verein suchen. Das Festfahren an einer Philosophie scheint ihm recht zu geben. In den 4 Jahren bei FC Barcelona hat Guardiola 14 Titeln gewonnen, darunter zwei Champions League ¹. Nicht selten, muten mir Gespräche über das Vorgehen in IT-Projekten ähnlich religiös an. Oft werde ich das Gefühl nicht los, gewisse Abläufe werden aufgezwungen, weil der Projektleiter oder der Software Architekt diese oder jene Philosophie vertritt.

Nehmen Sie das Werkzeug, das Sie als das Geeignete für dieses Vorhaben empfinden.

So in der Art nehme ich Position, wenn in Projekten über das Vorgehen diskutiert wird. Ich bin Fan von einem Fussball Verein, Methoden für IT-Projekte sind gut und recht, aber deswegen zu missionieren ist mir fremd. Wenn Sie ein Profi sind, dann kombinieren sie aus den verschiedenen Philosophien und setzen gerade das Werkzeug ein, welches in dieser Situation am besten passt. Jede Methodik hat seine Vor- und Nachteile. Wollen Sie in einer Umgebung mit 32 Umsystemen und 200 Schnittstellen einen bestimmten Ablauf automatisieren, dann kommen sie um ein bisschen Spezifikation sicher nicht umhin. Wollen Sie sichergehen, dass Sie die richtigen Probleme angehen und den passenden Ablauf entwerfen, dann empfehle ich Ihnen dringend iterativ vorzugehen und mit Unterstützung von User Storys sowie Prototyping verschiedene Varianten durchzuspielen. Aber auch hier müssen sie irgendwann zu einem Punkt kommen und in die nächste Phase übergehen. Donald A. Norman, ein Guru im Desing Thinking, formuliert es folgendermassen: 

Kombinieren Sie das beste von beiden Welten. Iteratives Ausprobieren um das Problem und die Lösung zu verfeinern und übergeordnete Phasen mit Milestones und Management Reviews ².

Ich hatte oft Rückschläge. Die Ursache lag selten an der Methodik selbst, sondern eher an der Unflexibilität bei der Auswahl des passenden Werkzeugs. Einmal hatten wir eine perfekte Spezifikation. Die Entwicklung verzettelte sich derart in ihren iterativen Methoden, dass schlussendlich ein schlechteres, doppelt so teures Produkt live ging. Einmal spezifizierten wir ein Monster. Umgesetzt wurde ein Bruchteil davon. Die Weiterentwicklung nahm dann eine andere Richtung. Rückblickend auf 20 Jahre Erfahrung kann ich lediglich ein Kriterium für erfolgreiche Projekte ausmachen: der Mensch. Bestimmte Mitarbeiter kamen immer ans Ziel, mit welcher Methodik auch immer. Was diese Mitarbeiter ausmacht, beschreibe ich ein andermal.  

Ausserhalb von FC Barcelona, und ohne Lionel Messi, hat Guardiola wesentlich grössere Mühe, die wichtigste kontinentale Trophäe zu gewinnen. In dieser Zeit hat Sie Zidane mit Real Madrid gleich dreimal hintereinander gewonnen. Welche Philosophie fährt denn Zidane? Die besten Akteure sollen spielen und ihre Technik und Eleganz ausleben. Er überlässt seinen Spielern die Kontrolle, entscheidende Impulse von der Bank gibt es selten. Die Spieler müssen intelligent sein, von einem unbändigen Siegeswillen abgetrieben werden und eigenständige Lösungen erarbeiten ¹. Insofern, trifft diese Philosophie ziemlich genau das, was das „Agile Manifest“ fordert.

Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams.

Führung soll nicht als Einzelleistung begriffen werden, für die allein das Management verantwortlich ist, sondern als Teamsport, an dem verschiedene Akteure beteiligt sind. Das Management reduziert sich auf Fokussieren, Designen und Moderieren; Fokussieren auf das Resultat, Rahmenbedingungen designen und das Team in Richtung Ziel moderieren ³. Und seit Cristiano Ronaldo nicht mehr bei Real Madrid spielt, ist auch bei Zidane Flaute.

Literaturquellen: 

(¹) Die Zeit der Strategen, von Tobias Escher,

(²) The Design Of Everyday Things, von Donald A. Norman

(³) Selbstorganisierte Teams führen, von Siegfried Kaltenecker

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